Wirbellose schonend einsetzen
Stress endet tödlich
Der Transport und das Einsetzen neuer Aquarien-Bewohner ist immer ein kritischer Akt, der tödlich enden kann. Die meisten Zierfische verkraften es ganz gut und auch bei den Wirbellosen sind viele Wasserschnecken robust. Doch gerade Garnelen sind im Stress, dieser kann tödlich enden.
Nicht allein der Transport oder der Temperatursprung, sondern auch die neuen Wasserwerte sind purer Stress für empfindliche Tiere. Für die meisten Zierfische reicht es bereits, wenn sie zur Anpassung der Temperatur im Transportbeutel auf dem Wasser im Aquarium schwimmen und von einer halben Stunde über eine bis zu zwei Stunden später in das Wasser gelassen werden. Genau das reicht für viele Wirbellose nicht. Schlimmer noch: Es ist schon Wochen vor dem Einsetzen zu prüfen, ob die Wasserwerte sich für Wirbellose eignen.
Raubturmdeckelschnecke, Anentome helena
Für Zierfische Gift, für Wirbellose viel giftiger:
– Kupfer und andere Schwermetalle
– Chlor
– Weichmacher
– Pestizide
– Farbstoffe aus Deko und Farbkies
Kupfer
Das Blut der Wirbellosen baut sich nicht mit Eisen, sondern Kupfer auf. Dieses hat jedoch zur Folge, dass nur minimalste Mengen vertragen werden und etwas mehr tödlich endet. Kupfer kann im Leitungswasser enthalten sein, vor allem im Warmwasser, weil der Wasserboiler Kupferteile enthält. Für die regelmäßigen Wasserwechsel soll also nur Kaltwasser entnommen werden, aber erst, nachdem etwas aus der Leitung geflossen ist. Es könnte sich um erkaltetes Warmwasser handeln oder es könnte Kaltwasser aus alten Kupferleitungen sein. Steht das Wasser darin, nimmt es mehr Kupfer auf.
Auch im klassischen Pflanzendünger ist Kupfer enthalten, weswegen bereits Wochen vor dem Einsetzen der Wirbellosen ein Pflanzendünger für Wirbellose zu verwenden ist. Dieser enthält nur geringe oder keine Spuren von Kupfer oder anderen kritischen Substanzen.
Chlor
Chlor tötet Keime ab und ist deswegen häufig in geringen Spuren im Leitungswasser. Das Wasser für den Wasserwechsel muss ohnehin erst auf die passende Temperatur kommen, auf Warmwasser ist wegen des Kupfers zu verzichten. Steht das Wasser über Nacht im offenen Wasserfass ab, gast das Chlor aus. Wenn der Wasserstrahl beim Einfüllen bereits hart auftrifft, gast das Chlor und auch im Wasser enthaltene Luft (Gasblasenkrankheit) direkt aus. Passt die Temperatur noch nicht, kann ein Heizstab helfen.
Weichmacher
Für die regelmäßigen Wasserwechsel sollen wenigstens die zuführenden Behältnisse oder Wasserschläuche und auch das Ansaugstück aus lebensmittelechten Materialien bestehen. Ein Gartenschlauch mag günstig sein, ein Schlauch für Trinkwasser ist jedoch sicherer.
Auch bei Dekoration oder der Einrichtung aus Kunststoff ist sehr darauf zu achten, dass diese keine Weichmacher abgibt. Billigimporte wären also generell zu meiden.
Pestizide, Herbizide, Medikamente
Selbst Regenwasser kann belastet sein, wenn es Schadstoffe aus der Luft aufnimmt oder diese von der Dachfläche ablösen. Aber auch unser Leitungswasser ist minimal belastet. Es sind vielleicht weniger die Rückstände aus der Landwirtschaft als aus der Pharmaindustrie. Viele Medikamente bauen sich nicht ab und sind für Wirbellose selbst in geringen Spuren gefährlich.
Wer nichts ausschließen möchte, sollte sein Frischwasser über Aktivkohle laufen lassen oder eine Osmoseanlage verwenden. Letztere ist eher bei hartem Wasser notwendig, das weiche Osmosewasser wird wieder mit einem Teil Leitungswasser gemischt, oder mit passenden Salzen aufmineralisiert. Zumindest ist immer auf Aktivkohle und Osmoseanlagen für den Aquarienbereich zu achten. Für andere Zwecke kann Silber enthalten sein, welches Keime effektiv abtötet, aber für Wirbellose schädlicher als Kupfer ist.
Eigentlich müsste unser Leitungswasser in diesen Punkten gut genug sein. Sterben einem regelmäßig die Wirbellosen, wäre dieses Problem aber nicht ganz auszuschließen.
Farbstoffe in der Deko und dem Farbkies
Viele wollen versunkene Piratenschiffe, die Meerjungfrau oder einen farbigen Kies. Das ist bekanntlich eine Geschmacksfrage. Es ist aber auch die Frage, ob sich die Farbstoffe oder andere künstliche Stoffe herauslösen. Verzichten ist sicherer. Wer es nicht sein lassen kann, sollte sich sehr sicher sein, dass es für die Wirbellosen und Zierfische unbedenklich ist.
Neritina Turrita Zebra – Zebra Rennschnecke
Wasseraufbereiter
Die Hersteller wissen um die typischen Probleme mit dem Leitungswasser. Sie haben Wasseraufbereiter im Sortiment, welche die gängigen Probleme lösen. Giftstoffe werden neutralisiert oder gebunden. Es gibt aber auch Wasseraufbereiter für die Wasserhärte, die nicht automatisch Giftstoffe neutralisieren.
Es ist sehr bequem, einen Wasseraufbereiter in das Frischwasser zu geben. Nur, dass es der richtige Wasseraufbereiter in der richtigen Dosis sein muss. Demnach kommt es vor, dass einige Aquarienbewohner auf diese Wasseraufbereiter empfindlich reagieren. Die Produkte wären also gewissenhaft auszuwählen und vorsichtig zu verwenden.
Der Aquarienfilter
Einige Wirbellose oder deren Larven sind so klein, dass sie von der Aquarienpumpe angesogen werden und verenden. Das kann wiederum die Wasserwerte belasten. Am sichersten sind Hamburger Mattenfilter oder für kleinere Aquarien Schwammfilter.
Die Bepflanzung
Alle Garnelen und auch die meisten anderen Wirbellosen fühlen sich nur wohl, wenn wenigstens eine Stelle im Aquarium dicht bepflanzt ist. Dieses Dickicht bietet ihnen Ruhe, Schutz, Nahrung und auch Schatten.
Wer neue Pflanzen in das Aquarium setzt, soll zuerst alle Bleigewichte entfernen und die Pflanzen in einen Wassereimer setzen. Mehrfach am Tag ist für mehrere Tage das Wasser zu wechseln, damit Giftstoffe ausgedünnt werden.
Marisa cornuarietis – Paradiesschnecke
Zur Sicherheit: Wassertests
Wer sich unsicher ist, ob das Leitungswasser oder das Wasser im Aquarium Kupfer enthält, kann einen speziellen Wassertest verwenden. Es gibt im Handel diverse Einzeltests oder auch Test-Köfferchen, um beispielsweise den Nitrat-Wert oder Sauerstoffgehalt zu bestimmen. Dieses kann entscheidend bei der laufenden Pflege helfen.
Das Einsetzen der Wirbellosen
Wer alles bedenkt, sein Aquarium seit Wochen auf die Wirbellosen vorbereitet und damit auch die Einfahrzeit mit dem Nitrit-Peak hinter sich hat, kann diese einsetzen. Doch selbst an perfekte Wasserwerte müssen sich viele Wirbellose erst gewöhnen, da die Umstellung purer Stress ist.
Gerade Garnelen und Flusskrebse sollen zuerst mit etwas vom Transportwasser in einen Eimer aus lebensmittelechtem Kunststoff gesetzt werden. Mit einem lebensmittelechtem Schlauch und Absperrhahn wird aus dem Aquarium Wasser angesogen. Der Absperrhahn soll dieses nur langsam in den Eimer tröpfeln lassen. Über längere Zeit soll sich der Füllstand verdrei- bis fünffachen. Erst dann dürfen empfindliche Wirbellose in das Aquarium.
Sicherlich, robuste Wasserschnecken wie Posthorn- und Blasenschnecken verkraften auch den kurzen Schock. Wer sich nicht ganz sicher ist, sollte dennoch diese Prozedur verwenden.
In Kooperation mit dem Aquarium Ratgeber
*Autor Robert Brungert*